Multiple Sklerose

12.02.2025 |

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), es sind also Gehirn und Rückenmark betroffen. Die Entzündungen können an vielen („multiplen”) Stellen im gesamten ZNS auftreten. Daher sind die neurologischen Beschwerden bei jedem Menschen individuell sehr unterschiedlich. Multiple Sklerose ist eine chronische Erkrankung, die aktuell nicht geheilt, aber behandelt werden kann.

In Deutschland leben etwa 280.000 Menschen mit Multipler Sklerose. Damit ist MS die häufigste chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung junger Menschen. Meist tritt die Erkrankung zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr erstmals auf. In der häufigsten schubförmigen Verlaufsform erkranken Frauen rund zwei- bis dreimal häufiger als Männer.

Was ist die Ursache von Multipler Sklerose?

Bei Multipler Sklerose greift das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen an – es handelt sich um eine sogenannte Autoimmunerkrankung. Die Immunreaktionen führen zu Entzündungen in Gehirn und Rückenmark. Die Entzündungen schädigen dabei vor allem die Nervenscheiden (Myelinscheiden). Myelinscheiden umschließen die Nervenfasern, ähnlich wie die Isolierung bei einem Kabel. Diese elektrische Isolierung ist wichtig für die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen. Bei MS geht diese Myelinschicht verloren („Demyelinisierung”). Durch den Verlust der Isolierung funktioniert die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen nicht mehr störungsfrei und es kommt zu verschiedenen Beschwerden (neurologische Ausfälle).

Die genaue Ursache der MS ist noch nicht bekannt. Bei der Entstehung der Erkrankung spielen angeborene (genetische) Faktoren und Umwelteinflüsse eine wichtige Rolle. Die Multiple Sklerose ist jedoch keine klassische genetische Erkrankung.

Welche Beschwerden verursacht Multiple Sklerose?

MS kann Entzündungen im gesamten zentralen Nervensystem auslösen. Die neurologischen Ausfallerscheinungen treten daher abhängig vom Ort der Entzündung auf und können verschiedene Körperregionen betreffen.

Für MS typisch sind zum Beispiel folgende Beschwerden:

  • Sehstörungen (z. B. Verschwommensehen, Doppelbilder)

  • Empfindungsstörungen (z. B. Taubheitsgefühl, Kribbeln)

  • Bewegungsstörungen (eingeschränkte Muskelkraft bis hin zu Lähmungen)

  • Blasen- oder Mastdarmstörungen (z. B. Blasenschwäche oder Inkontinenz)

  • starke Ermüdbarkeit (Fatigue oder chronisches Erschöpfungssyndrom)

Je nach Verlaufsform treten die Beschwerden schubweise oder langsam fortschreitend auf.

Wie verläuft Multiple Sklerose?

Bei MS werden im Wesentlichen drei Verlaufsformen unterschieden:

  • Schubförmig remittierende MS (etwa 80 von 100 Betroffenen): Beim Großteil der Personen macht sich die Erkrankung erstmals im jungen Erwachsenenalter als schubförmig remittierende ( = vorübergehend nachlassende) MS bemerkbar. Typisch sind rasch auftretende neurologische Symptome, sogenannte Schübe. Zwischen den Schüben bessern sich die Beschwerden zum Teil wieder.

  • Sekundär progrediente MS (etwa 15 von 100 Betroffenen): Die schubförmige MS kann im weiteren Verlauf in die sekundär progrediente MS übergehen (sekundär = an zweiter Stelle, progredient = fortschreitend). Bei dieser Form treten die Schübe mit der Zeit immer seltener auf. Stattdessen ist diese Phase durch eine langsam fortschreitende Verschlechterung der Symptome gekennzeichnet. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass die schubförmige remittierende MS und sekundär progrediente MS nicht zwei unterschiedlichen Formen sind, sondern in einem Kontinuum ineinander übergehen. Moderne Therapien versuchen diesen Zeitpunkt zu verzögern.

  • Primär progediente MS (etwa 5 von 100 Betroffenen): Bei dieser Form (primär = zuerst vorhanden, progredient = fortschreitend) entwickeln sich die Beschwerden von Beginn an schleichend, nehmen aber fortlaufend zu. Akute Schübe treten nicht auf.

Wie Multiple Sklerose bei Ihnen verlaufen wird, lässt sich zu Beginn der Erkrankung nur schwer abschätzen. Das kann große Unsicherheit auslösen, wenn die Krankheit erstmals festgestellt wird. Durch bestimmte Prognosemarker lässt sich der weitere Verlauf teilweise einschätzen. Bei Bedarf können Sie dann zusammen mit Ihrem Behandlungsteam Ihre Therapie anpassen.

Wie wirkt sich Multiple Sklerose auf die Lebenserwartung aus?

Die Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit MS haben sich in den letzten Jahren weiter verbessert. Moderne Medikamente haben das Ziel, nebenwirkungsarm ein Fortschreiten der MS zu verhindern und eine hohe Lebensqualität zu erhalten. Die Lebenserwartung von Menschen mit MS gleicht sich daher auch immer weiter der Allgemeinbevölkerung an.

Wie wird Multiple Sklerose behandelt?

Bei Multipler Sklerose stehen zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sie sollen dabei helfen, die akuten Entzündungen in Gehirn und Rückenmark abzuschwächen und einem Fortschreiten der Erkrankung vorzubeugen. Daher unterscheidet man grundsätzlich zwischen der Behandlung eines akuten Schubs (kurzfristige Therapie) und Medikamenten, die Sie dauerhaft einnehmen (langfristige Therapie).

  • Schubtherapie: Die kurzfristige Behandlung soll dazu beitragen, dass sich die Beschwerden des akuten Schubs möglichst schnell zurückbilden. Bei der Schubtherapie erhalten Sie Kortison-ähnliche Wirkstoffe in einer hohen Dosis (sogenannte „Kortisonstoßtherapie”). Bei starken Schüben kann auch eine Blutwäsche („Plasmapherese” oder „Immunadsorption”) notwendig sein.

  • Langfristige Therapie (Immuntherapien): Immuntherapien sollen den langfristigen Verlauf der MS positiv beeinflussen. Ihre Wirkung auf das Immunsystem ist dabei entweder regulierend („immunmodulierend”) und/oder unterdrückend („immunsuppressiv”). Diese vorbeugende Behandlung soll helfen, die Anzahl der Schübe zu verringern und das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Grundsätzlich muss für jede Person individuell das passende Medikament ausgesucht und gegen mögliche Risiken abgewogen werden. Jedoch ist für fast alle Menschen mit MS eine Immuntherapie ratsam. Zu welchem Zeitpunkt Sie damit am besten beginnen, besprechen Sie zusammen mit Ihrem Behandlungsteam.

Daneben ist die gezielte Behandlung von Beschwerden (symptombezogene Therapie) ein unverzichtbarer Bestandteil. Dabei kommen neben Medikamenten vor allem Maßnahmen wie Ergotherapie, Physiotherapie und Psychotherapie zum Einsatz. Diese sollen Menschen mit MS helfen, mit der Krankheit umzugehen, ihre berufliche Leistungsfähigkeit zu erhalten und ihren Alltag besser zu bewältigen.

Die gezielte Modulation oder Unterdrückung der Immunabwehr ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von MS. In der Folge können Sie anfälliger für Infektionen sein. Damit Sie bestmöglich geschützt sind, sollten Ihre Impfungen daher aktuell und vollständig sein. Hier finden Sie weitere Informationen zu Impfungen bei MS.

Quellen:

AWMF (2022): Leitlinie Multiple Sklerose für Patientinnen und Patienten. Online verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-050p_S2e_Multiple-Sklerose_2022-05_01.pdf [Zugriff: 19.12.2024]. 

Hemmer, B. et al. (2023): Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen. S2k-Leitlinie. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online verfügbar unter: www.dgn.org/leitlinien [Zugriff: 19.12.2024]. 

Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Neurologie (2025): Multiple Sklerose – Informationen zur Behandlung. Online verfügbar unter: https://www.uniklinik-freiburg.de/neurologie/behandlung/neuroimmunologie/multiple-sklerose.html [Zugriff: 19.12.2024]. 

Universitätsspital Zürich (2025): Multiple Sklerose – Krankheitsbild und Behandlungsmöglichkeiten. Online verfügbar unter: https://www.usz.ch/krankheit/multiple-sklerose/ [Zugriff: 19.12.2024]. 

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